Nach reichlicher Überlegung hatten wir uns
also entschlossen, nicht die berüchtigte Furt durch
den Jardine River, die auf dem Old Telegraph Track
liegt, zu nehmen. Ausschlaggebend war wohl die Geschichte, die
Jörg von zwei deutsche Pärchen auf seinem Weg mit ihnen
durch die Gibson Desert erzählt bekommen hatte.
Dort
war er nämlich zusammen mit einem Unimog und einem 10-Tonner
Mercedes LKW-Wohnmobil unterwegs gewesen. Gefahren wurden diese
Ungetüme von zwei deutschen Pärchen. Die erzählten
ihm, wie es ihnen einige Monate zuvor an eben dieser Furt ergangen
war:
Sie hatten also mit viel Mühe ihre zwei Ungetüme
über die schmalen Tracks bis an die Furt durch den Jardine
River gebracht und einigen 4WDs zugesehen, die die Furt tatsächlich
meisterten.
Nun sollte man sich wohl erstmal einige Eckdaten
der Furt verinnerlichen: Die Furt ist gut 50m breit, der Mindestwasserstand
liegt bei 80-100cm - je nachdem, wie die riesige Sandbank, die
in der leichten Flußbiegung der Furt liegt, gerade von der
Strömung über Nacht bearbeitet wurde.
Es halten sich zwar hartnäckig Gerüchte, die die Aborigines
der Gegend hier Sprengungen vornehmen würden, um die Furt
unpassierbar zu machen, und damit die Touris dazu zu zwingen,
die für sie lukrative Fähre zu benutzen, doch wer diesen
Fluß einmal gesehen hat, der weiß auch so, daß
zum Passieren dieser Furt einfach viel Erfahrung und/oder eine
große Portion Glück gehören...
Wie auch immer - die beiden LKWs fuhren also der
Spur der Geländewagen nach, schließlich haben diese
Teile eine deutlich größere Wattiefe als ein einfacher
Geländewagen - was konnte ihnen also schon passieren?
Der
Unimog schaffte es auch auf Anhieb; leider hatte der LKW weniger
Glück, er fuhr nur einen halben Meter neben der Unimog-Spur
und grub sich im weichen Sand ein. Da war nun guter Rat teuer,
wenn 10 Tonnen (mit einem Gegenwert in 6-Stelliger Größenordnung)
inmitten eines Flusses im Sand eingebuddelt sind. Man versuchte
also zunächst mit dem Unimog abzuschleppen, doch nach dem
zweiten gerissenen Stahlseil war dann wohl klar, daß potentere
Hilfe her mußte.
Ergo trugen die vier die wichtigsten Sachen aus
dem LKW - quer durch den Fluß - ans trockene Ufer und ließen
den Motor weiterlaufen, damit nicht dieser auch noch Wasserschaden
erleide (wie mag es den vieren wohl zumute gewesen sein, als ihnen
die Einheimischen später erzählten, daß sie den
Fluß nur in äußersten Notfällen betreten,
und dann auch nur mit mindestens einer Wache mit schußbereitem
Karabiner am Ufer... - ich hatte es glaube ich schon erwähnt,
das Cape York ist nunmal Crokodile-Country...)
Der
LKW saß also fest, und der Unimog zog los, um in Seisia,
dem nächsten Ort, welcher zwei Fahrstunden entfernt ist,
Hilfe beim örtlichen Automechaniker zu holen.
Nun muß man aber wissen, daß es in
Seisa zwei Brüder gibt: Der eine Landmaschinenmechaniker
(also eher der für's Grobe), der andere Automechaniker (oder
auch: der mit dem besseren Geschäftssinn). Ach ja - und noch
eine Kleinigkeit: die beiden sind sich spinnefeind.
Die Unimogfahrer fragten sich also durch und landeten
beim Erstgenannten. Der Preis für die Hilfe war schnell ausgehandelt,
sein betagter LKW mit schwerem Bergungsgerät beladen, und
zwei Stunden später war man wieder am Jardine.
Einen halben Tag später waren auch all die
Stahltrossen gerissen, die der Bergungsspezialist mitgebracht
hatte...
Guter Rat war also immer noch teuer, der Diesel
hielt auch nicht mehr ewig, die LKW Fahrer waren ziemlich niedergeschlagen
und dunkel wurde es auch.
Die LKW-Besitzer machten sich mittlerweile ernste
Sorgen um ihr teures Gefährt und versprachen dem, der den
LKW bis zum nächsten Abend aus dem Fluß holt eine vierstellige
Summe.
Also
beschloß der Mechaniker seinen verhaßten Bruder um
Hilfe zu bitten. Die Unimogbesatzung machte sich mit ihm also
wieder auf ins zwei Stunden entfernte Seisia, wo sie den Bruder
wohl auch trafen. Der bestand aber darauf, daß er das ganze
nur machen würde, wenn der Besitzer des LKW ihn persönlich
darum bitte...
Was soll man machen - der Unimog fuhr also wieder
zum Fluß, und nachts gegen 10 bittet der LKW-Besitzer den
Automechaniker dann schließlich persönlich um Hilfe.
Dieser meint: alles klar, er käme dann morgen früh vorbei...
Die Deutschen sind natürlich nicht gerade begeistert über
solche Spontaneität, doch was sollen sie machen.
Der Automechaniker schafft aber wohl die halbe
Nacht durch, und montierte ein altes Ungetüm von Schiffswinde
auf ein eben solches von Laster. Am nächsten Morgen kommt
er denn tatsächlich mit Schiffstrossen und einer gigantischen
Umlenkrolle, die kurzerhand an mehreren der Bäumen am Flußufer
befestigt wird, an die Furt.
Stunden
später steht der Mercedes-LKW an Land, und eine stolze Summe
Bares wechselt den Besitzer. Der LKW stand dann übrigens
noch eine gute Woche beim ersteren der beiden Brüder, denn
die gesamten Schmiermittel des Antriebsstrangs hatten in den gut
zwei Tagen mit über einem Meter Wasserstand das selbige verinnerlicht
und mußten daher ersetzt werden...
Dies mag vielleicht ein besonders spektakuläres
Beispiel gewesen sein, aber nur noch so viel zum Thema: Abgesehen
von den vielen Kleinigkeiten, die an jedem zweiten Touri-Auto,
das am Cape ankommt, zu reparieren ist, ist die Bergung von Fahrzeugen
aus der Furt des Jardine eine der lukrativsten Einnahmequellen
der beiden Brüder - auch wenn sie sich gegenseitig nicht
leiden können...
So viel also zur berühmten Furt durch den
Jardine River. Es zeigt sich also, daß die Furt auch heute
noch durchaus passierbar ist. Es sollte dies aber auf jeden Fall
nur von äußerst erfahrenen Fahrern gewagt werden, und
dann auch nur im Verbund von mindestens drei Fahrzeugen, und ich
wollte dabei ganz gewiß nicht das trübe Wasser des
Jardins abwaten müssen, um die optimale Furt zu finden...
Kurz
und gut: Wir hatten uns also für die Fähre entschieden.
Die ist zwar gehörig teurer aber eben auch deutlich sicherer
als das Wagnis der Furt (zwei Jahre zuvor wurde hier an der Fähre
übrigens ein Aborigine von einem Krokodil getötet, als
er von der Fähre an Land schwamm, weil der Motor repariert
werden mußte... nur um noch einmal klar zu machen, daß
man den Jardine besser nicht mal einfach so durchwatet...)
Nun aber genug der Entschuldigungen, warum wir
uns nicht trauten die Furt zu nehmen ;-)
Am nächsten Morgen setzen wir also mit der
Fähre über und machen uns auf den Weg nach Seisia,
um eben diesen Landmaschinenmechaniker aufzusuchen, in der Hoffnung,
er könne uns mit der gebrochenen Blattfeder helfen. Das einzige
Problem dabei: es ist mittlerweile Samstag vormittag...
Wir
finden seinen Laden auch auf Anhieb, und grüßen ihn
schön von Jörgs LKW-fahrenden Bekannten. Damit ist natürlich
ersteinmal das Hallo groß, er hat sogar Fotos von der ganzen
Aktion in seinem Büro aufgehängt, denn so außergewöhnlich
ist der übliche, festsitzende Allrad denn eben doch nicht.
Leider hat er aber heute keine Zeit mehr für
uns, und meint, er könne das Blatt aber am Montag früh
schweißen. Jörg ist nur bedingt begeistert von der
Schweiß-Idee - denn als Maschinenbau-erfahrener Ingenieur
zweifelt er an der Standfestigkeit einer solchen Lösung -
aber am Ende der Welt muß man eben nehmen was kommt...
Wie
füllen unsere Vorräte im örtlichen Supermarkt,
vertreten uns die Füße am blendend weißen Sandstrand
und beschließen, doch noch den kleine Track nach Punsand
Bay zu nehmen. Der entpuppt sich denn auch als wunderschön,
und der kleine Tourist Resort Punsand Bay als wahrer Glücksgriff.
Fast
3 Stunden brauchen wir für die nominalen 30km nach Punsand
Bay - zum einen, weil sich die Navigation nicht als ganz so einfach
erweist, zum anderen, weil wir viel zu häufig Fotostops einlegen
:-)
Die letztem paar hundert Meter vor Punsand Bay gibt eine nette
Tiefsandpassage dem Allrad und der Untersetzung des Landcruisers
noch einmal eine Chance, ihre Qualitäten zu demonstrieren,
und dann werden wir mit einem kleinen schnuckeligen Tourist Resort
direkt am Strand belohnt. Alle Campsites sind hier selbstverständlich
'Beachfront', und wir freuen uns auf zwei erholsame Tage, nach
all der Anstrengung der letzten...