Alu-Koffer scheinen eine im wesentlichen von Deutschen benutzte Gepäckvariante zu sein. Der Rest der Welt ist mit den Kunststoffkoffern aus dem Zubehörhandel, mit Packsäcken oder mit Packtaschen unterwegs.
Das hat natürlich alles sein Vor- und Nachteile: Die Packtaschen sind variabler, billiger, einfacher anzubringen und nicht zuletzt leichter als Alu-Koffer. Dafür sind diese wasserdicht, robust, abschließbar und man hat immer seinen Tisch, seinen Stuhl und seine Hebebühne mit dabei...
Entscheidet man sich also für den Alu-Koffer, so braucht man noch einen robusten und vor allem einen durchdachten Kofferträger.Es gibt etliche Modelle auf dem Markt (für den Pisteneinsatz ganz besonders zu empfehlen das Zega-System von Touratech) - aber wirklich optimal konzipiert sind sie meiner Ansicht nach allesamt nicht (obwohl die Touratech-Teile schon recht nahe am Optimum sind...). Oft sind sie (z.B. für Geländetouren) zu schwach ausgelegt, oder sind aufgrund zu großem Abstand zum Moped viel zu breit oder zu niedrig angebracht.
Eine relativ preisgünstige Alternative ist der selbstgebaute Kofferträger. Vor allem in puncto optimale Auslegung bringt der Eigenbau natürlich einige Vorteile mit sich.
Und wer dann auch noch gerne mal bastelt...
Eine entscheidende Eigenschaft fehlt allen kaufbaren Koffersystemen:
Die Sollbruchstelle.
Sehen wir den Tatsachen doch ins Auge: Wer Offroad-Reisen unternimmt, der muß früher oder später auch mit einem Abgang rechnen. Diese gehen zwar im Gelände meist recht glimpflich für den Fahrer aus, das Material - und vor allem eben auch die weit ausladenden Kofferträger haben aber dennoch meist enorme Kräfte auszuhalten.
Das geht extrem zu Lasten der Koffer, sowie auch des Kofferträgers. Der Kofferträger jedoch muß, um den extremen Vibrationen im Pistenbetrieb standhalten zu können, sehr robust sein.
Die Energie, die bei einem solchen Sturz freigesetzt wird, muß aber irgendwo verbraucht werden. Baut man also einen extrem stabilen Koffer, mit sehr guter Halterung an einen äußerst stabilen Träger, so endet dies meist mit einem verbogenen Rahmenheck - und das will man nun am aller- wenigsten wenn man mitten im Nichts steht...Bleibt ein Ausweg: die Koffer müssen einfach abreißen können, ohne daß sie allzusehr beschädigt werden, und ohne daß das Rahmenheck allzu große Kräfte aufnehmen muß. Sind die sperrigen Koffer erstmal ab, so kann das Motorrad meist einfach am Boden entlang rutschen und die zu verbrauchende Energie kann kaum noch Schaden anrichten.
Solche Sollbruchstellen weist leider fast keines der am Markt erhältlichen Koffersysteme auf. Einzige ausnahme sind Touratech (Wie gut deren Sollbruchstelle (die Plastik-Montagepunkte am Träger) nun tatsächlich funktionieren, bleibt abzuwarten...)
Eine einfache (wenn auch zugegebenermaßen nicht gerade die fotogenste) Methode ist es, den Koffer auf dem Trägerrohr, das mit einigen angeschraubten Führungen versehen ist, aufstehen zu lassen. Hierdurch wird die Hauptkraftkomponente, die auf den Koffer einwirkt, aufgenommen.
Was fehlt ist dann noch eine seitlich Befestigung. Hierzu reicht eine M5 oder M6 Schloßschraube mit Flügelmutter, die durch den Träger und die Seitenwand des Koffers von innen verschraubt wird.Noch kurz einige grundsätzliche Betrachtungen zum Thema optimale Position von (Seiten-)Koffern bevor wir zur eigentlichen "Bauanleitung" kommen:
- Wichtig für ein gutes Handling, gerade einer Enduro, ist ein möglichst günstiger Schwerpunkt. Normalerweise liegt er in etwa in der Mitte des Mopeds. Werden die Koffer aber nun zu weit hinten befestigt, verlagert sich der Schwerpunkt natürlich auch nach hinten, was das Moped meist wesentlich träger macht.
Als Faustformel kann man sagen, daß der Schwerpunkt des Koffers möglichst weit vor der hinteren Achse liegen sollte. Aber selbst eine optimale Plazierung der Koffer hilft bei falscher Beladung wenig...
- Auf der anderen Seite darf ein Koffer natürlich auch nicht zu weit vorne befestigt sein, da er sonst extrem hinderlich sein kann, wenn der Bewegungsbereich der Beine zu sehr einschränkt wird. Im Gelände führt eine solch unnötige Einschränkung auch schnell zu Verletzungen (wenn man z.B. 'crosslike' das Bein in der Kurve rausstreckt, und es dann bei Bodenberührung unweigerlich nach hinten geschleudert wird, wo es sich dann gerne mal zwischen Boden und Koffer klemmt...)
Besonders genau sollte man den Abstand auch testen, wenn man auch (mal) mit Sozia fährt,denn dann wird der Raum vor dem Koffer für gleich zwei Paar Füße schnell ziemlich eng.
Eventuell kann man den Kofferträger dann auch so konzipieren, daß man zwei verschiedene Befestigungspositionen für den Koffer vorsieht.
- Auch auf die richtigeBodenfreiheit sollte man achten - Denn nichts schmälert den Fahrspaß mehr, als wenn man sich seiner maximalen Schräglage nicht nähern kann, nur weil der Koffer laufend aufsitzt, es aber Reifen, Fahrwerk und Straße erlauben würden.
Eine Möglichkeit die Bodenfreiheit bzw. die maximale Schräglage ohne ausgiebige Probefahrten-Reihe festzustellen, ist diese:
Man nehme z.B. eine große Spanplatte und lege sie mit der unteren Kante an die beiden Auflagepunkte der Räder (auf dem Boden). Nun kann man in etwa sehen, was zuerst den Boden berühren wird: die Fußrasten oder der Koffer.
Dazu muß allerdings noch gesagt werden, daß das Federbein in einer Kurve wesentlich stärker belastet wird, und damit auch weiter einfedert als im unbelasteten Zustand.
- Ein häufiges Manko von Kofferträgern ist der verschwenderische Umgang mit der Fahrzeugbreite. Da sind oft überflüssigerweise fünf Zentimeter Abstand zu den Verkleidungsteilen auf beiden Seiten. Schnell hat man dann eine Fahrzeugbreite von über 1,10m.
Dabei ist dieser Abstand unnötig. Selbst ein Abstand von 1-2 cm von Auspufftopf bis zum Plastikkoffer sind vollkommen ausreichend, da a) das Plastik (oder gar Metall) recht hitzebeständig sind, und b) immer ausreichend Kühlung durch den Fahrtwind vorhanden ist. Und spätestens beim nächsten Überholmanöver ist man um jeden eingesparten Breiten-Zentimeter froh.
- Und, nicht zu vergessen, die Stabilität des Kofferträgers.
Auch hier muß man einen Kompromiß zwischen Stabilität, Gewicht und Stabilität in Relation zum Hinterbau des Rahmens finden.
Für Geländetouren sind die meisten käuflichen Kofferträger wie gesagt unterdimensioniert. Oft sind sie z.B. nur oben an einigen Bügeln befestigt, was bei Pistenfahrten dann zu enormen Schwingungen des ganzen Trägers führt und ihn bei weitem überfordert.
Bei der Konstruktion eines Kofferträgers sollte man daher alle auftretenden Kräfte berücksichtigen, z.B. auch die Verwindungen des Trägers aufgrund des seitlich angebrachten Koffers und des daraus resultierenden Drehmoments.
Des weiteren sollte er auch nicht wesentlich stabiler sein als der Rahmen des Mopeds, und möglichst die oben angesprochenen Sollbruchstellen der Kofferbefestigung besitzen, da sonst bei einem Sturz schnell der teure (und vor allem nur schwer wieder zu richtende) Rahmen anstatt des billigen (und schnell abmontierbaren) Kofferträgers verbogen wird.Last but not least muß man sich Gedanken um die optimalen Aufnahmepunkte des Kofferträgers am Rahmen bzw. am Rahmenheck machen. Das Rahmenheck sollte dabei möglichst nicht überbeansprucht werden.
Gute Aufnahmepunkte sind i.d.R. die den Beifahrerfußrasten, oder auch die Punkte, an denen das Rahmenheck selbst angeschraubt ist.Am anderen Ende (also bei dem Teil des Trägers, der hinter der Sitzbank befestigt werden muß) sollte man darauf achten, möglichst nahe an das Ende der Sitzbank zu kommen, damit die erstehende Hebelwirkung auf das Rahmenheck nicht zu groß wird.
Was man zum Bau benötigt sind ein Schweißgerät, eine Möglichkeit um Stahlprofile zu biegen (beispielsweise ein sehr gut befestigter Schraubstock), ca. 4 Meter 20er und eventuell 15er oder 10er Stahlprofil (rechteckiger, hohler Querschnitt, Wandstärke ca. 1mm, in jedem gutsortierten Baumarkt zu finden), eine Bohrmaschine mit Stahlbürstenaufsatz, Lack in der gewünschten Farbe und ein wenig handwerkliches Geschick.
Die Materialkosten belaufen sich auf etwa 100-200 DM (je nach Lack und Material).WICHTIG ist übrigens, daß Koffer abnehmbar sein müssen, da sie sonst zulassungspflichtig wären! Ganz im Gegensatz zum Kofferträger, der in einer Art Grauzone liegt und daher weder zugelassen noch eingetragen werden muß. ;-)
Spätere Befestigungspunkte für den Träger am Rahmen des Mopeds sind die beiden hinteren oberen Schrauben der Beifahrerfußrasten (da sie am weitesten hinten liegen, und zudem noch am wenigsten dessen Fußposition beeinträchtigen) und die beiden (bzw. vier) Befestigungsschrauben für den serienmäßigen Gepäckträger.
Aber nun zur eigentlichen Konstruktion:
Der Kofferträger besteht im Wesentlichen aus zwei "Us":
Einem großen "U", welches beispielsweise von den Fußrastenaufnahmen bis zum Nummernschild reicht, und
einem kleinen "U", welches als Befestigungsbügel über dem Rahmenheck dient.Für meine erste Offroad-Australienreise habe ich eine Version eines solchen Kofferträgers für die XR600R innerhalb von einem guten Tag zusammengebaut. Wie zu sehen habe ich dabei zwei "U"-Rohre als Bügel über das Rahmenheck eingesetzte; Grund war eine grössere Auflagefläche zur Seitenführung der Alu-Koffer zu bekommen, damit die Verwindungskräfte (die bei einer 3-Punkt Montag nur ungenügend aufgenommen werden) entsprechend vom Kofferträger und nicht vom Koffer aufgenommen werden können. Gut zu erkennen sind auch die zwei kleinen Anschläge für jeden Koffer (beide jeweils nur mit zwei 4er schrauben befestigt), der die Falz des Alu-Koffers gegen die beiden nach oben laufenden "U"s drückt, und somit dafür sorgt, dass diese Falz auf dem unteren "U" aufsteht sprich dafür sorgt, dass das Gewicht des Koffers nicht von den Schrauben sondern vom Träger direkt aufgenommen werden kann.
Zur eigentlichen Befestigung benötigt man dann nur noch eine Schraube oben mittig an der Kofferseite angebracht, die dafür sorgt, dass der Koffer nicht abfällt. Diese muss nur die geringen Kräfte aufnehmen, die durch das kippend es Koffers erzeugt werden. Somit kann hier beispielsweise eine M5er oder M6er Schlossmutter (mit Flügelmutter innerhalb des Koffers) benutzt werden: Mit einem abschliessbare Deckel, ist der Koffer somit vor Diebstahl geschützt und im Falle eines Unfalls können die insgesamt 5 relativ dünnen Schrauben gut abgescheert werden und der Koffer, der Rahmen und Kofferträger bleiben weitgehend unbehelligt.Um zu einem perfekten Sitz des Kofferträgers zu kommen, ist es das Einfachste, das Moped ständig als"Lehre" zu benutzen - sprich: man "probiert" ihm die Einzelteile des Trägers fortwährend an, und überprüft dadurch die richtige Passform
Ichbin sogar soweit gegangen, dassich alle Schweissnähte erst einmal direkt am Moped "gepunktet" habe (also mit ein, zwei kurzen Schweisspunkten fixiert habe). Wenn man hinter der Schweissstelle gut abdeckt (z.B. mit dickem Karton oder besser einem dünnen Blech) braucht man dabei auch keine Angst um sein Moped, respektive dessen Lack, zu haben.
Einen etwas anderen Weg ist Phil gegangen:
Er hat erst alles ausgemessen und dann quasi "auf dem Reißbrett" entwickelt.
Als Material benutzte er ein 20er Vierkant-Profil aus Edelstahl - und das Ergebnis kann sich sehen lassen. Seinen aktuellen Kofferträger der XRV750 hat er jedoch (der einfacheren Wartbarkeit wegen) wieder aus Stahl gebaut - diesmal aber aus Stahlrohr, daß maschinell gebogen wurde...
Bleibt natürlich noch die Frage, ob Edelstahl nicht eh das sinnvollere Material wäre?
Es ist doch schließlich rostfest, stabiler und daher auch leichter.
Allerdings hat es auch einige Nachteile:
Es läßt sich mit einfachen Werkzeugen kaum oder nur sehr schlecht bearbeiten. Angefangen beim Zuschneiden, bei dem man schon etliche Sägeblätter und Bohrer opfern muß, bis hin zum Zusammenschweißen. Denn da kommt man mit herkömmlichen E-Schweißgeräten nicht weit. Nicht zu vergessen, die Vorsicht, die man beim bearbeiten walten lassen sollte, denn Edelstahl rostet nur solange nicht, wie keine "unsauberen Keime" in ihm stecken (sprich: einmal zum Richten in die ungeschützten Backen eines normalen Schraubstocks, und die ersten Rostflecke lassen nicht lange auf sich warten...)Diese Problematik ist auch gerade für Fernreisen nicht gerade günstig, denn wer hat schon ein edles Schutzgas-Schweißgerät, mit den richtigen Elektroden, mitten im Nichts - und wenn man dann auch noch 'nen alten Lappen um den Schraubstock wickelt, bevor man das Edelstahl einspannt, dann schauen die Einheimischen meist recht verdutzt ...
Eine weitere Alternative ist Aluminium. Ausführliche Tipps hierzu gibt's bei Claus 'Possi' Possberg.
Die Gewichtsersparnis ist bei Alu natürlich am größten - allerdings geht dies zu Lasten des Elastizitätsmoduls des Produkts. Im Klartext: Aluminium läßt sich nicht so problemlos biegen, und ist wesentlich spröder als Eisen/Stahl.
Dies macht sich zum einen bei der Bearbeitung bemerkbar, aber vor allem wenn es einmal zu einem Sturz gekommen ist, und man alles wieder richten will - denn dann besteht die Gefahr, daß das Aluminium anfängt zu reißen...
Bei der Bearbeitung ist besonders auf die richtige Formgebung zu achten (vorsichtiges Biegen, genügend große Radien beim Kantenbiegen). Zum Zusammenbau der Einzelteile bietensich Verschraubungen an. Denn: Zum einen kommt man nur schwer an ein Alu-WIG-Schweißgerät 'ran, und zum Andern kann man abgerissene Schrauben auch in Afrika jederzeit bekommen und ersetzten...Unterwegs sieht man auch immer wieder allerhand skurriles. Auf dieser Honda NX650 (Dominator) war ein Pärchen aus Israel in unterwegs insgesamt waren drei grosse Wanderrucksäcke mit an Bord: einer hinter der Sozia und zwei vorne auf diesem abenteuerlichen selbstgebauten Stahlträger links und rechts neben dem Fahrer, so angebracht, dass dessen Füsse immer zwischen den Rucksäcken und der Maschine bleiben mussten. Kein Wunder, dass die beiden nur bedingten Spass an australischen Pisten hatten (obwohl sie nur die besten ausprobiert hatten...). Die ganze Fuhre hatte vollbeladen eine Breite von 1,10m und eine Bodenfreiheit von ca. 10-15cm wie man da auch nur eine einzige Kurve mit fahren kann bleibt mir bis heute ein Rätsel!
Definitiv ein Beispiel wie man es nicht machen sollte!!!