Die
Fahrt geht weiter und die Landschaft ändert sich einmal mehr:
wir kommen auf ein recht felsiges Plateau. Dir kämpfen uns
such Geröllabschnitte und durch tiefsandige Bachbetten. Dann
fahren wir auf einer steinigen Ebene parallel zu einem Canyon entlang,
die sich aufgrund ihrer vielen toten Bäume zu Holzmachen ideal
eignet, zumal das Etappenziel heute Durba Springs eine kleine Oase
inmitten der trockenen Einöde ist, in der es bekanntermassen
kaum Brennholz gibt.
Wir
Beginnen also auf australische Weise unsere Brennholzvorräte
aufzustocken; sprich: Mark holt seine Kettensäge und fällt
damit kurzerhand nen toten Baum. Beim zerkleinern der toten Äste
bin ich ein wenig zu übereifrig und rutsche beim Abschlagen
eines Astes so ungünstig ab, dass ich mir einen dicken Splitter
tief in die linke Hand ramme...
Ich
verarzte die Wunde notdürftig denn noch ist kein wesentliche
Schmerz zu spüren... Das Gelächter ist gross: "Rainer,
wir haben Dir doch den eindeutigen Auftrag gegeben das Holz zu
finden. Von Sammeln und Zerkleinern hat keiner was gesagt!
das Hags Du jetzt davon!"
Ja ja - wer den Schaden hat... Wir brechen also wieder auf, ich
voraus. muss jedoch feststellen, dass wohl doch noch was in der
Wunde sein muss, denn den Lenker kann ich mit der verletzten Hand
nur schwer halten. Zudem läuft das Blut aus dem Handschuh.
Ergo kurzer Halt und nachdem das Pflaster nicht halten will wird
die Hand kurzerhand mit Gaffa-Tape bandagiert das muss
bis zum Abend reichen!
Die
Fahrt entlang der Schluchten die schliesslich in Durba Springs
endet ist landschaftlich spektakulär. Riesige tiefrote Geröll-Hügel
mit tiefen Schluchten säumen den Weg.
In eine davon biegen wir ein, in der Annahme wir wären schon
am Ziel angelangt: der Track klettert Abbé- und abermals
über riesige Geröllbrocken was sowohl für das Motorrad
bei der langsamen Gangart, als auch für die schweren 4WDs
eine echte Herausforderung ist. Irgendwann geht's dann nicht mehr
weiter, und von einem malerischen Rastplatz kann keine Rede sein,
wir kehren also um und dort erwartet uns auch schon Mark der sich
sicher ist, dass wir ohnehin falsch abgebogen sind.
Also
folgen Wir ihm weiter, diesmal auf dem richtigen Weg nach Durba
Springs. Dort angekommen sind wir fasziniert von dieser kleinen
Oase mit ihren lauschigen Ghost-Gum Hainen und den grossen Billabongs
voller kühlem, klarem Wasser. Welch
eine Einladung zum Baden.
Ich warte auf den Rest der Gruppe und zu allem Unglück fällt
plötzlich auch noch mein Funkgerät aus und lässt
sich partout nicht wiederbeleben na das ist ja ein Spitzentag!
Als endlich alle angekommen sind, schlagen wir
in der Nachmittagssonne schnell unser Lager auf bei diesem
Anblick und angesichts der Strapazen der letzten Tage lassen wir
uns gerne zu einem Ruhetag in diesem kleinen Paradies überreden.
Zumal da wir zunächst mal das erste kühle Bier seit
etlichen Tagen von unseren neuen australischen Freunden angeboten
bekommen so lässt sich leben; vielleicht sollten wir
unsere Ausrüstung das nächste mal doch an die Landesgepflogenheiten
Anpassen?!
Wir
holen unsere Badesachen und wagen uns tiefer in die Schlucht hinein,
wo laut der Nachbarn ein noch grösserer Billabong sein soll.
Dieser entpuppt sich allerdings als saukalt, und wir sind eher
ans Eisbaden erinnert, zumal die Sonne langsam tief steht, und
es nachts immer noch merklich abkühlt. Zwar haben wir morgens
kein eis mehr auf den Zelten wie nach den ersten beiden Nächten
auf der Canning, dennoch wird es merklich kalt.
Nach dieser Erfrischung geht's ans Kochen und
wir werden zu einer reichhaltigen Fleischmahlzeit eingeladen.
Parallel zu den Vorbereitungen verschwinde ich in meinem Zelt
und versuche mit einer über einer Flamme sterilisierten Pinzette
den Holzsplitter aus meiner Hand zu befreien. Mit der Pinzette
bekomme ich ihn aber einfach nicht zu greifen und nach einer viertel
Stunde zentimetertiefen Suche in meiner Hand gehe ich zu gröberem
Werkzeug über: eine Spitzzange muss her! Mit dieser wühle
ich dann tief in der Wunde und kann es kaum fassen, das ich da
unter grössten Schmerzen versuche zu greifen das muss
ein ganz hübscher Brummer sein!
Irgendwann,
nachdem mir meine sehr zuvorkommenden australische Freunde auch
schon mehrfach angeboten haben für mich die 'Rumstocherei
in meiner Hand' auch gerne zu übernehmen, kriege ich den
Übeltäter endlich zu fassen und ziehe das teil, das
wie eine kleine pfeilspitze mit Wiederhaken in meine Handfläche
hängt mit einem beherzten Ruck heraus was für
ein Gerät! Wie kann der den bitte so tief in meiner Hand
drin stecken, Auen entweder die Sehnen abzutrennen oder schlicht
auf der anderen Seite wieder hinaufzukommen?!?
Ich
zittere auf jeden Fall am ganzen Körper und Frage Axel nach
seiner Berühmten Notration Whisky von dem ich mir dann auch
gleich zwei doppelte genehmige...
Nach einem Reichhaltigen Abendessen und ein paar spendierten Bier
der Aussies und einer Ladung Antibiotika die Paul zur Sicherheit
von ihrem Werksartzt mitbekommen hat) falle ich dann totmüde
und erschöpft in mein Zelt.
Am
nächsten Tag steht faulenzen ganz oben auf der Tagesordnung:
dazu gehören natürlich spätestens zu Mittag ein
Paar eigekühlter Biere aus den Kühlschränken des
australische Geländewagen aber auch der australische Volkssport:
das Kricket.
Paul und Steve haben schon gestern abend fleissig gebastelt und
einen Ball aus Gaffa-Tape und einen flachen Schläger (Bat)
aus einen passenden Stück Holz fabriziert. Entsprechend angeheitert
haben wir alle viel Spass beim Spiel.
Ich geniesse die Ruhe ausgiebig, zumal beide Gliedmassen
doch gerade recht malträtiert sind: mein Fuss passt kaum
in den Stiefel und mit meiner Hand kann ich kaum den Lenker ordentlich
packen. Da hilft nur Marks Sportsalbe aus Deutschland und Betta-Isadona
in Zusammenarbeit mit Pauls Antibiotika, denn eine Entzündung
der Hand hätte hier Draussen fatale Folgen (ganz zu schweigen
von der Tatsache, das ich die mit so viel Mühe geplante Tour
nicht zu Ende führen könnte!)
Wir
unterhalten uns aber auch ausgiebig mit unseren Nachbarn. Einen
Platz weiter stehen zwei Ehepaare die aus der Gegenrichtung gekommen
sind und die wir natürlich interessiert nach dem weiteren
Weg fragen.
Der eine ist ein ehemaliger Fuhrunternehmer aus Adelaide der vor
Jahrzehnten aus Österreich eingewandert ist und der allerhand
interessantes zu erzählen hat. Vor allem natürlich über
den Streckenzustand der zweiten Hälfte der Tour, die teilweise
komplett überwachen sei soll, so dass man quasi wie durch
einen lebendigen Tunnel aus Büschen fahren muss. Er erzählt
auch von zwei australischen Motorradfahrern die ihm entgegengekommen
sind, und die ihre liebe Müh hatten: Wegen der eng am Wegesrand
stehenden Büsche, die laufend auf die Arme und schultern
schalen hatten sie Plastikflaschen auseinandergeschnitten und
sich an Ober- und Unterarme getapet na das sind ja tolle
Aussichten!
Er
erzählt uns aber auch von einem anderen Gerücht dass
wir von mal gehört haben: angeblich wären 30 Traktoren
auf der Canning unterwegs. Wir hatten das vor einigen Tagen ja
shcon mal gehört, damals hiess es noch, wie würden irgendwas
transportieren. Jetzt entpuppen sie sich als Club die einfach
die Canning durchqueren wollen... Na da sind wir ja gespannt,
können wir so eine Geschichte doch kaum glauben!
Wir unterhalten uns noch über die exzellenten und unübertroffenen
australischen Weine und zum Abschied schenkt er mit noch eine
Flasche edlen Shiraz aus dem Barossa Valley (nahe Adelaide). Als
ich damit ins Lage zurrück komme ist das Hallo gross: wo
ich denn zum Teufel mitten in der verlassensten Einöde Australiens
eine Flasche Wein her hätte?!? Diese Deutschen, das wäre
doch einfach unfassbar! ;-)
Ich probiere noch erfolglos das Funkgerät
wieder in Schuss zu bringen aber offensichtlich ist ein IC geschrottet
und auf Ersatzteile kann ich hier draussen leider nicht zurückgreifen.
Paul hat jedoch ein kleines 1W Handgerät (meines hatte 5W
Sendeleistung und eine entsprechend höhere Reichweite...)
das er mir anbiete bis zum ende der Reise zu benutzen; Ich nehme
dankend an, da es doch in dieser verlassenen Gegend ein erhebliches
Sicherheitsfeature darstellt.
Dann
folgt eine weiter Überraschung und damit nun sind wir gänzlich
überzeugt vom Offroad-Reisen the Aussi-Sytle. Paul und Mark
reden plötzlich vom Duschen, da ja das Wasser in den Billabongs
zu kalt wäre. Ich meine darauf das die Suche ja wohl auch
nicht wärmer wäre, worauf die beiden mich nur unverständlich
ansehen und meinen: Wieso, wir haben doch ne Heisse Dusche im
Auto?
Man kann's kaum Fassen, haben die doch tatsächlich Heizkreislauf
des Autos jeweils nen zusätzlichen Wärmetauscher aingebaut!
Brauchen also nur den Motor warmlaufen zu lassen, nen Eimer Wasser
neben das Auto zu stellen und zusammen mit der eingebauten Wasserpumpe
und nem Duschschlauch ist die Outdoor-Dusche komplette. Wir können
es kaum glauben hatten wir doch damit gerechnet auf den
14 Tagen Canning höchsten einmal 'ne Dusche zu Sehen und
nun das!
Wir bauen also Erstmal nen provisorischen Sichtschutz auf und
sagen natürlich nicht nein, als die Reihe an uns kommt, unter
das heisse Nass zu springen.
Beim Abendessen am abendlichen Lagerfeuer erfahren
wir wie sich unsere australischen Freunde kennengelernt haben:
John arbeitet als Contractor (also als freier Mitarbeiter) in
Marks Elektrikfirma und der Rest ist arbeitet bei einem riesigen
Stahlverarbeitenden Betrieb, wobei Paul der Schichtführer
ist. Hergestellt wird wohl der wohl berühmteste und meistgebrauchte
Werkstoff des Kontinents: Corrugated Iron (Wellblech). Berühmt
deshalb weil nicht nur der Zustand der meisten australischen Pisten
sich so beschreiben lässt, sondern auch weil fast jedes Gebäude
im Outback um Wesentlichen aus diesem Wellblech besteht.
Wo man gerade dabei ist über seine beruflichen Tätigkeiten
zu reden kommt die Sprache natürlich auch auf Axel
nicht, dass wir anderen ausgelassen worden wären, aber bei
Axels Tätigkeitsbeschreibung ist der Spassfaktor in Australien
vorprogrammiert: es gibt nämlich eine Redewendung"It
can't be Rocket Science..." zu deutsch etwa: "Das kann
ja wohl nicht unmöglich sein..." und wenn dann natürlich
nachts am Lagerfeuer jemand mit ernster Miene meint er währe
Rakete-Forscher (Axel hilft Triebwerke für die Ariane zu
entwickeln) da ist das Gelächter natürlich Erstmal gross
eine Tatsache die uns auf unserer letztjährigen Reise
einiges an Kopfzerbrechen bereitet hatte, bis uns ein netter Aussie
den Hintergrund erklärte...
Nach
dem Abendessen wartet aber noch das Highlight des Tages auf uns:
die nächtliche Ausfahrt auf Marks Landrover. Fast alle zwängen
sich aufs Dach des Landrovers und wir fahren bei voller Dunkelheit,
mit zwei starken Handscheinwerfen bewaffnet, aus dem Tal hinaus
um Kamele und Känguruhs zu finden. Wir sind eine gute Stunde
unterwegs als wir mal wieder Spuren finden und glauben einige
Umrisse zwischen den Bäumen ausmachen zu können; Schon
sind Steve, und Paul auch schon vom Dach und rasen im Licht unsere
Scheinwerfer den Schatten hinterher um diese zu stellen
welch ein Gaudi! Das Ganze wiederholen wir noch ein paar Mal bis
wir die Lust verlieren und uns endgültig allen kalt ist.
Dann geht's wieder zurück aber nicht ohne was wir alle zusammen
reichlich Spass (und natürlich auch das eine oder andere
Bier) haben!
es war uns noch nicht bewusst, aber in dieser
Nacht hatten wir den Grundstein für eine geniale Reiseart
gelegt, die wir die nächsten Tage eifrigst nutzen sollten...